Der SteuerBerater, 04/2024, S. 94-97

Die Übertragungsnetzentgelte wurden ab 2024 verdoppelt. Dies bedeutet für Haushaltskunden eine Strompreiserhöhung um rund 8%, für gewerbliche Verbraucher um rund 22%. Der folgende Beitrag erläutert, wie durch die gesetzlich vorgesehene und derzeit nicht umgesetzte Kappung von Einspeisespitzen der Netzausbau und damit die Netzentgelte deutlich verringert werden können.

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Netzausbau: Experte hält Investitionen in Stromspeicher für sinnvoller

MDR, 19. April 2024

Die hohen Kosten für den Ausbau der deutschen Stromnetze stoßen weiter auf Kritik. Der Energie-Experte und emeritierte Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass sagte MDR AKTUELL, die Netze würden massiv ausgebaut, um auch die letzte Kilowattstunde aus Wind- und Solarenergie einspeisen zu können. Der Überschussstrom werde allerdings ans Ausland verkauft. Sinnvoller sei es, mehr in Stromspeicher zu investieren.

Höherer Strompreis wegen Ausbau zu erwarten

Nötig werden diese Investitionen wegen der Energiewende. Wind- und Solaranlagen stehen quer übers Land verteilt. Ihr schwankendes Stromangebot muss eingesammelt und verteilt werden. In Summe rechnet die Bundesnetzagentur damit, dass bis 2035 bis zu 500 Milliarden Euro ins Netz investiert werden müssen, ein riesiger Betrag.

Der werde sich dann auch in den Strompreisen widerspiegeln, sagt Agentursprecher Fiete Wulff. „Der Strompreis wird in Zukunft höhere Kosten für den Ausbau und den Betrieb der Netze enthalten. Wir müssen in die großen Überlandleitungen investieren, wir müssen auch in die Verteilnetze vor Ort investieren.“

Wirtschaftsprofessor: Massiver Ausbau von Stromnetz nicht nötig

Wie teuer es für den Einzelnen wird, kann noch keiner sagen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Kosten möglichst langfristig verteilen. Denn vom neuen Netz hätten ja auch künftige Generationen etwas.

Doch für den emeritierten Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass stellt sich die Frage, ob das Stromnetz überhaupt so massiv ausgebaut werden muss. Jarass sagt, der Ausbau erfolge ja auch, weil an wind- und sonnenreichen Tagen extreme Strommengen entstehen. „Die jetzige Vorgehensweise ist: Wir bauen die Netze massiv aus, dass wir auch die letzte Kilowattstunde noch einspeisen können. Der ganze Überschussstrom wird ans Ausland verkauft.“

Aber de facto werde er verschenkt, weil zu diesem Zeitpunkt, wo es massiven Überschussstrom gebe, sind die Strompreise nur ein bis zwei Cent je Kilowattstunde, in seltenen Fällen auch negativ, sagt Jarass.

Mehr Speicher statt Netzausbau

Jarass plädiert dafür, den Netzausbau abzuspecken und mehr in Stromspeicher zu investieren – direkt neben Wind- und Solarparks. So lasse sich das schwankende Stromangebot der Nachfrage anpassen. Warum das bislang kaum passiert, erklärt Jarass mit den Eigenheiten der Ökostromförderung. „Der Investor einer Photovoltaik-Freiflächenanlage bekommt einen einheitlichen Einspeisepreis. Unabhängig davon, ob er zum Zeitpunkt einer hohen Stromnachfrage einspeist oder ob er zum Zeitpunkt einer geringeren Stromnachfrage einspeist.“

Ein Speicher lohne sich für Ökostromerzeuger deshalb nicht, sagt Jarass. Und so speisten sie immer sofort ins Netz ein, das alle bezahlen.