18.12.2013 | t-online.de

 

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Der kleine US-Bundesstaat Delaware lockt internationale Gesellschaften durch niedrige Steuern (Quelle: Thinkstock by Getty-Images)

 

Der Versandriese Amazon geriet an den Pranger, als bekannt wurde, dass er in Deutschland kaum Steuern zahlt. Auch Politiker waren empört über das Geflecht von Tochtergesellschaften in Ländern, die fast keine Abgaben verlangen. Ein Bericht der „Wirtschaftswoche“ zeigt jedoch: Die Kommunen wissen selbst, wie sie Steueroasen nutzen können. Denn das rechnet sich, sagte der Steuer-Experte Lorenz Jarass im Gespräch mit t-online.de.

 

Das Magazin berichtet etwa vom Fall der Stadt Frankfurt. Sie ist am Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport beteiligt. Der wiederum hält 100 Prozent der Anteile an der „Air-Transport IT Services, Inc.“, die laut Fraport „schlüsselfertige, integrierte IT-Lösungen für die Flughafenindustrie in Nord-Amerika“ bereitstellt.

 

Delaware ist führend unter den Steueroasen

Interessanter als das Leistungsprofil der Firma ist aber wohl deren Standort: Delaware, der zweitkleinste Staat der USA, aber ganz groß im Geschäft bei Briefkastenfirmen und möglichst niedrigen Unternehmenssteuern. Einnahmen aus Lizenzzahlungen sind sogar ganz von der Steuer befreit.

 

Damit drängt sich folgendes Modell für multinationale Konzerne auf: Eine Tochtergesellschaft zahlt Lizenzen oder Kredite an einen Ableger mit Sitz in einer Steueroase. Das senkt die Abgabenlast des Gebers. Der Empfänger wiederum muss auf den Zufluss keine Steuern zahlen.

 

Fraport-Tochter: 95 Prozent des Umsatzes mit externen Kunden

Im Fall der Fraport-Tochter sagte ein Unternehmenssprecher, 95 Prozent des Umsatzes mache der US-Ableger mit externen Kunden. Er werde aber auch von drei Beteiligungs-Flughäfen in Antalya, Lima und St. Petersburg in Anspruch genommen. Laut Fraport gibt es keine Kredite, welche die Air-Transport IT Services anderen Unternehmen im Fraport-Konzern gewährt hat oder umgekehrt. Ob der Service für die drei Flughäfen in Form von Lizenzen genutzt wird, konnte Fraport zunächst nicht beantworten.

 

Die Tochter hat in Delaware nur ihren rechtlichen Sitz, der operative Sitz liegt in Orlanda, Florida. „In erster Linie hat das damit zu tun, dass es für die Gründung leichter war. Aber natürlich hat auch das Steuerklima eine Rolle gespielt“, sagte der Sprecher auf Anfrage von t-online.de.

 

Der Bericht nennt ein weiteres Beispiel mit drei Akteuren: die Stadt Köln, die Kölnmesse und deren Tochterfirma Koelnmesse Inc. in Delaware. Zahlungen von Lizenzen an die US-Tochter habe es nicht gegeben, hieß es von der Kölnmesse, an der die Stadt Köln zu etwa 80 Prozent beteiligt ist. Zahlungsverkehr zwischen Koelnmesse Inc. und anderen Messe-Gesellschaften bestand jedoch, für „operative Leistungen“, etwa Vertriebsprovisionen.

 

Steuer-Experte schätzt Gewinn der Kommune auf 20 Prozent

Der Zweck des US-Ablegers besteht laut der Kölner Messe darin, den dortigen Markt „vor Ort zu betreuen“, zitiert das Magazin einen Unternehmenssprecher. Aus steuerlichen Gründen sei die Tochter nicht entstanden.

 

Fragen ließe sich, ob Köln durch das Delaware-Modell der öffentlichen Hand letztlich schadet oder nützt. „Die Stadt hat unter dem Strich einen Vorteil. Die Steuern, die Köln spart, sind viel größer als die Gewerbesteuern, die Köln entgehen“, sagte Lorenz Jarass, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule RheinMain, im Gespräch mit t-online.de.

 

Der Experte für internationale Unternehmensbesteuerung schätzt den Gewinn der Stadt auf 20 Prozent. Denn sie spart mit ihrem Ableger die Gewerbe- und Körperschaftssteuer – zu Lasten von Bund, Ländern und anderen Kommunen.