Der SPIEGEL schreibt in seiner heutigen Ausgabe vom 8.11.2004 zum Bundeshaushalt 2005 unter dem Titel ´Im Wolkenkuckucksheim´, abrufbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,326697,00.html , u.a.:

Auch aus anderen Gründen ist Deutschland für den Wiesbadener Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass „eigentlich ein Steuerparadies“. Denn das deutsche Recht erlaubt es den Unternehmen, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen – und viele Ausgaben dafür auch noch steuerlich abzusetzen. Von den Gewinnen, die abtrünnige Firmen dagegen aus ihren teils nagelneuen Auslandstöchtern nach Deutschland transferieren, verlangt der Fiskus lediglich zwei Prozent. „Die Arbeitnehmer finanzieren damit ihren eigenen Stellenabbau über die Steuer mit“, so Jarass.

Ein Beispiel: Eine Aktiengesellschaft gründet, beispielsweise in Tschechien, ein Tochterunternehmen und gibt dafür 100 Jobs in Deutschland auf. Dann kann die Firma fast alle Ausgaben, vor allem aber auch die Schuldzinsen mit den in Deutschland erzielten Gewinnen verrechnen und steuerlich abziehen. Da kommen, bei einer Investitionssumme von 100 Millionen Euro, schnell jährliche Kosten von zehn Millionen Euro zusammen. Sie schmälern die deutsche Steuerlast der Muttergesellschaft um vier Millionen Euro.

Erzielt die gleiche Tochter dank der billigeren Arbeitskräfte nun auch zehn Millionen Gewinn und transferiert ihn an die Zentrale, dann will der Staat davon nur 200 000 Euro haben. Den Steuerzahler kostet der Verlust von etwa 100 Arbeitsplätzen also zusätzlich zu allen anderen Effekten fast vier Millionen Euro. Diese unsinnige Regelung hat die rot-grüne Regierung – auch auf Druck der Industrieverbände – 1999 selbst eingeführt.

Eine vernünftige Besteuerung von Unternehmen würde nicht nur den Export von Jobs erschweren, sondern dem Bundeshaushalt auch viele Milliarden bescheren. Auf der Grundlage von offiziellen Zahlen hat Jarass berechnet, dass die effektive Belastung der Kapitalgesellschaften im angeblichen Hochsteuerland Deutschland seit 2001 nur noch rund zehn Prozent beträgt.

„Hätten wir in Deutschland den so vielfach gepriesenen einheitlichen Unternehmenssteuersatz von 19 Prozent wie in der Slowakei und würden diese Firmen tatsächlich mit 19 Prozent besteuert werden“, sagt der Wissenschaftler, „dann hätte der Bund Mehreinnahmen von mindestens zehn Milliarden Euro.“

Und Eichel müsste die Pensionszahlungen der Post und Telekom gar nicht verkaufen.

Mehr dazu in „Geheimnisse der Unternehmenssteuern“ von Jarass/Obermair, metropolis-Verlag, 2004, ISBN 3-89518-450-0.