Unternehmenssteuer

Die Reform bremst Investitionen aus
Plusminus, 5.12.2006

Spedition G.L. Kayser. Familienbetrieb in der achten Generation. 1.000 Menschen arbeiten hier und es entstehen neue Arbeitsplätze. 120 alleine in diesem Jahr. Geschäftsführer Schmitz ist von der Steuerreform wenig begeistert. Er befürchtet: Obwohl die Steuern sinken, könnte er bald mehr bezahlen: Weil einfach davon auszugehen ist, dass diese Steuerreform sehr schnell in vollem Umfang gegenfinaziert werden muss, d.h. das entgegen der Idee die Steuerlast für mittelständische Unternehmen zu senken, diese für uns wieder steigen, sagt Christian Schmitz, Geschäftsführer von G.L. Kayser.
Es geht es um die Abschreiberegelungen
Investiert Kayser heute, kann das Unternehmen im ersten Jahr bereits ein Drittel absetzen. Das spart Steuern und fördert Investitionen, wie diesen Neubau. Doch dieser Steuervorteil ist nun futsch. Genau das kritisiert Steuerexperte Professor Lorenz Jarass. An der Fachhochschule in Wiesbaden erklärt er seinen Studenten, dass der Entwurf der Unternehmenssteuerreform fatale Fehler hat. Wir müssen die begünstigen, die in Deutschland investieren, real investieren und Arbeitsplätze schaffen. Und die einzige EU-konforme Maßnahme hierzu ist die Verbesserung von Abschreibungsbedingungen. Deshalb ist der jetzige Weg der Unternehmenssteuerreform, die Abschreibungsbedingungen zu verschlechtern, völlig kontraproduktiv und die wiedersinnigste Maßnahme, sagt Lorenz Jarass.
Das Problem mit dem Eigenkapital
Dr. Siegfried Beck ist Insolvenzverwalter. Jedes Jahr verwaltet seine Kanzlei 80 Unternehmen in der Schuldenfalle. Meist ist es zu spät. Massenentlassungen sind an der Tagesordnung. Dr. Beck kennt den Grund für die Pleite. Wir beobachten in der überwiegenden Zahl aller Unternehmensinsolvenzfälle, dass viel zu wenig Eigenkapital vorhanden war. Zum einen müssen sich die Unternehmen fremdfinanzieren, d.h. sie müssen Zinsen bezahlen. Zum anderen ist ein schwach mit Eigenkapital ausgestattetes Unternehmen oft nicht in der Lage, etwaige Verlustzeiten, etwaige Fehlgeschäfte mit eigenen Mitteln auszugleichen, sagt Dr. Beck.
„Das geht in die falsche Richtung“
Um das Überleben ihrer Firma langfristig zu sichern, müssen Unternehmer mehr eigenes Geld investieren. Doch dafür schafft die Steuerreform keine Anreize. Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard erklärt, künftig wird sogar gefördert, noch mehr Schulden zu machen, also fremdzufinanzieren. Es werden Fremdkapitalerträge mit 25 Prozent besteuert, Eigenkapitalerträge insgesamt mit fast 50 Prozent besteuert. Da ist der Anreiz natürlich klar, Investitionen über Fremdkapitalvergabe zu finanzieren. Aber das geht in die falsche Richtung, sagt Wiegard.
Die Entlastungen gehen an den Kleinen Unternehmen vorbei
Dachdecker Höhne steckt all sein Geld in sein kleines Unternehmen. Er verdient nicht viel mehr als seine Angestellten. Er wüsste genau, was er täte, wenn man ihn steuerlich entlastete. Fünf neue Mitarbeiter würde er gerne einstellen. Man will Arbeitsplätze schaffen und dann wird man eigentlich nur sabotiert, man kriegt die kalte Schulter gezeigt, und es läuft nichts. Die Entlastung haben immer nur die Großen und die Kleinen, die eigentlich viel mehr Potential haben, da kommt nichts, sagt Wolfgang Höhne. Stimmt. Denn die Entlastungen gehen an den kleinen wenig profitabelen Unternhemen vorbei.
Doch gerade hier steckt ein gigantisches Jobpotential
Denn 80 Prozent der Untenehmen haben weniger als fünf Beschäftigte. Doch für Experten ist klar: die Kleinen sind die großen Verlierer. Die Bäckermeister, die Frisöre, die Gastwirte, sie können weniger abschreiben als bisher, sie profitieren nicht von der Steuersatzsenkung und sie werden massiv zusätzlich belastet durch die jetzt beschlossene Mehrwertsteuererhöhung. Denn es sind gerade die Vorort tätigen, kleinen Unternehmen, deren Geschäftsbedingungen durch die Mehrwertsteuererhöhung dramatisch verschlechtert werden, sagt Professor Jarass.
Doch auch nicht alle Großen freuts
Vom kleinen Dachdecker zum größten Autokäufer Deutschlands. SIXT beschäftigt 2.000 Mitarbeiter, will weiter wachsen. In Pullach ärgert man sich darüber, dass man künftig keine Zinsen mehr von der Steuer absetzen kann. Damit soll ein Steuerschlupfloch für Großkonzerne geschlossen werden, die durch Zinstricksereien kaum noch Steuern zahlen. Was gut gemeint ist, gefährdet aber sein Unternehmen, meint Erich Sixt. Die sogenannte Unternehmenssteuerreform ist ein Skandal. Die übelste und schlimmste Reform, die ich in meiner 30-jährigen Karriere miterlebe. Ich sage das mal so deutlich, es findet hier eine große Roßtäuscherei statt, sagt Erich Sixt.
Das unausgegorene Steuerkonzept
Was Sixt so aufregt: Der Auto-Verleiher soll also nicht nur den Gewinn versteueren, sondern auch Kosten, wie Mieten, Pacht und Lizenzgebühren. Das sind zusätzlich 260 Millionen Euro. Statt einer Senkung auf unter 30 Prozent droht sein Steuersatz zu steigen auf über 50 Prozent. Alles Beispiele die zeigen, wie unausgegoren das Steuerkonzept der Bundesregierung ist. Noch hoffen diese Unternehmer, dass Investitionen und Arbeitsplätze tatsächlich in den Mittelpunkt der Reform rücken. Autoren: Jacqueline Dreyhaupt und Peter Onneken