Laut Studie ist Stromtrasse „vierfach überflüssig“, Thüringer Allgemeine, 29.102007.

Unter den Bürgermeistern, die gestern Nachmittag im Großbreitenbacher Feuerwehrschulungsraum saßen, malten die Mienen eine Befindlichkeit zwischen Erleichterung und Nachdenklichkeit. Erleichterung, weil das Geld für die Trassen-Studie gut angelegt zu sein scheint, und Nachdenklichkeit, wie wenig manche Projekte begründet sind.

GROSSBREITENBACH. Die Professoren Jarass und Obermair halten die geplante 380-kV-Höchstspannungstrasse über den Thüringer Wald für unnötig und unwirtschaftlich. Dies gilt nach den Aussagen einer Studie, die gestern in Großbreitenbach erstmals offiziell den Auftraggebern und den Medien präsentiert wurde, sowohl kurz-, wie mittel- und langfristig.Umfangreich erklärt die Studie die nötigen Zusammenhänge, die sich zu einer einfachen Quintessenz zusammenfassen lassen: Für den Transport von in Ostdeutschland erzeugter, aber nicht im Verhältnis zu verbrauchender Windenergie reichen die bisher installierten Systeme aus. Rechnet man die offiziell verfügbaren Zahlen künftigen Wachstums von Windstrom dazu, dann können die bisherigen Anlagen mit einem Bruchteil des sonstigen Aufwandes ertüchtigt werden. Jarass nannte hier die Stichworte Freileitungsmonitoring und Hochtemperaturseile. Mit Hilfe dieser Techniken wären Wind- und damit Stromerzeugungsspitzen abfangbar, die bis an die Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit gehen, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschrieben ist.Erst wenn der Bau von Windkraftanlagen auf offener See deutlich erkennbar voranschreite, seien grundsätzlich neue Netze nötig, selbst ein Ausbau bisheriger Leitungen bringe dann nichts mehr.Lorenz Jarass bezeichnete es als Verschwendung von Steuermitteln, wenn ein offensichtlich so schwach begründeter Antrag überhaupt zugelassen werde, selbst wenn man nicht rechtlich zur Prüfung verpflichtet gewesen sei.Weil solche Großprojekte durch ihren Konfliktreichtum ohnehin vor den Gerichten landeten, würden detaillierte Begründungen ohnehin fällig. Allerdings hielt sich Jarass auffällig bedeckt, was Spekulationen über den wahren Grund des Trassenausbaus anging. Er folgere aus öffentlich Fakten, die von keiner Seite bestritten würden. Mutmaßungen gehörten nicht zur Studie. Nachfragen aus Erfurt, inwieweit die Erdverkabelung untersucht worden sei, beantworteten sich durch die Überflüssigkeit der Leitung an sich. Auf noch schwächeren Füßen steht nach Jarass´ Ansicht die außerdem untersuchte Notwendigkeit der 110-kV-Leitung im Raum Stadtilm, nach der sich Ilmtal-Bürgermeister Wilfried Neuland (CDU) nochmals erkundigte. Hier sei nicht einmal im Ansatz eine stichhaltige Begründung erkennbar.Siegfried Kriese, Sprecher des Bündnisses der Bürgerinitiativen, erklärte, mit der Studie habe der Widerstand gegen die Trasse neuen Aufwind bekommen. Jetzt müsse jede Genehmigungsbehörde diese Darlegungen berücksichtigen. Gastgeberin Petra Enders (Linke), Großbreitenbacher Bürgermeisterin und Landtagsabgeordnete, forderte, dass unverzüglich das Genehmigungsverfahren abzubrechen sei.