PUBLICUS, 3/2016

Grundlegender Umbau der deutschen Energieversorgung

Die deutsche Bundesregierung hat einen grundlegenden Umbau der
deutschen Energieversorgung beschlossen:

  • Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2020 um
    40%, bis 2030 um 55%, bis 2040 um 70% und bis 2050 um 80% bis 95%.
  • Senkung des Primärenergieverbrauchs von 2008 bis 2020 um
    20% und bis 2050 um 50%, indem durch sorgsamen Umgang mit Energie die
    Energieeffizienz deutlich erhöht wird.
  • Reduzierung des Stromverbrauchs von 2008 bis 2020 um 10%
    und bis 2050 um 25%.
  • Deckung des Stromverbrauchs ab 2050 mit mindestens 80%
    erneuerbarem Strom.
  • Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis 2023.

CO2-Reduktionsziele bis 2050

Abb. 1 zeigt die strombedingten CO2-Emissionen von 1990 bis 2014 und
die Reduktionsziele bis 2050:

  • Von 1990 bis 2014 konnten die strombedingten CO2-Emissionen
    von 357 Mio. t auf 287 Mio. t, also um rund 70 Mio. t reduziert werden.
  • Bis 2020 sollen die CO2-Emissionen um weitere gut 70 Mio. t
    auf 214 Mio. t reduziert werden.
  • In den folgenden beiden Jahrzehnten sollen die
    CO2-Emissionen jeweils um weitere gut 50 Mio. t auf 107 Mio. t
    reduziert werden, bis 2050 sogar auf unter 71 Mio. t, und damit weniger
    als 20% der CO2-Emissionen in 1990, die damals 357 Mio. t betrugen.

Abb. 1 : Strombedingte CO2-Emissionen bis 2014 und
Reduktionsziele bis 2050

Strombedingte CO2-Emissionen bis 2014 und Reduktionsziele bis 2050

Quellen:
Netzentwicklungsplan Strom 2025, Abb. 5; Umweltbundesamt, Climate
Change 09/2015.

Die in Abb. 1 gezeigten CO2-Reduktionsziele der Bundesregierung werden
ohne CO2-Begrenzung bei Weitem nicht eingehalten. Deshalb hat die
Bundesnetzagentur für den Netzentwicklungsplan 2025 für die beiden
Zieljahre 2025 und 2035 ein Alternativszenario vorgegeben, in dem die
CO2-Reduktionsziele der Bundesregierung eingehalten werden. Die
deutschen Steinkohlekraftwerke werden dabei durch zusätzliche, rein
innerdeutsche CO2-Abgaben in ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt,
weshalb sie immer häufiger ihre Produktion reduzieren. Letztlich wird mit CO2-Begrenzung
deutlich weniger Kohlestrom exportiert und zu Zeiten geringer
erneuerbarer Stromproduktion werden Stromdefizite durch Importstrom
(wohl überwiegend Kohlestrom) ausgeglichen.

Abb. 2 zeigt die durch die Stromproduktion resultierende CO2-Belastung ohne und mit CO2-Begrenzung
für den Zeitraum 2010 bis 2035.

Abb. 2 :  CO2-Emissionen durch Stromproduktion, 2010
bis 2035

Strombedingte CO2-Emissionen bis 2014 und Reduktionsziele bis 2050

Quelle:
Netzentwicklungsplan Strom 2025, Abb. 29.

Die CO2-Reduktionsziele der Bundesregierung werden durch eine
CO2-Begrenzung zwar formal eingehalten, aber letztlich nur, indem die
deutsche Kohlestromproduktion überwiegend durch ausländische
Kohlestromproduktion ersetzt wird. Außerdem bleibt völlig unklar, ob
und wann die für dieses Szenario vorgesehene drastische Erhöhung der
deutschen CO2-Zertifikatspreise umgesetzt werden könnte.

Konventionelle versus erneuerbare Stromproduktion

Abb. 3 zeigt die Ausbauziele der deutschen Bundesregierung bis 2050.
Der Anteil der erneuerbaren Stromproduktion am gesamten deutschen
Stromverbrauch betrug 2015 bereits 34%. Der Anteil soll weiter erhöht
werden, und zwar

  • bis 2025 auf 40% bis 45%,
  • bis 2035 auf 55% bis 60%,
  • bis 2050 auf mindestens 80%.

Abb. 3 :  Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion,
2015 bis 2050

Strombedingte CO2-Emissionen bis 2014 und Reduktionsziele bis 2050

Stromproduktion ohne und mit CO2-Begrenzung

Abb. 4 gibt einen Vergleich der erneuerbaren Stromproduktion mit der
konventionellen Stromproduktion ohne und mit CO2-Begrenzung für den
Zeitraum 2015 bis 2035.

Abb. 4 :  Stromproduktion, 2015 bis 2035

Strombedingte CO2-Emissionen bis 2014 und Reduktionsziele bis 2050

Ohne
CO2-Begrenzung wird die konventionelle Stromproduktion von 424 TWh in
2015 auf 354 TWh in 2025 reduziert, bis 2035 auf 271 TWh. Mit CO2-Begrenzung
wird die konventionelle Stromproduktion von 424 TWh in 2015 fast
halbiert auf 248 TWh in 2025, bis 2035 weiter auf 199 TWh abgesenkt.

Die erneuerbare Stromproduktion soll sowohl ohne als auch mit
CO2-Begrenzung stark erhöht werden, und zwar von 192 TWh in 2015 auf
286 TWh in 2025 und weiter auf 384 TWh in 2035.

Ohne
CO2-Begrenzung steigt der Netto-Stromexport von 50 TWh in 2015 auf 71
TWh in 2025. Mit
CO2-Begrenzung wird Deutschland in 2025 zum Netto-Stromimporteur mit 32
TWh. Die Differenz von gut 100 TWh entspricht in etwa der durch die
CO2-Begrenzung bewirkten Reduzierung der konventionellen
Stromproduktion in Deutschland.

Ergebnis:

  • 2015 war die konventionelle Stromproduktion gut doppelt so
    groß wie die erneuerbare Stromproduktion.
  • Von 2015 bis 2025 wird die konventionelle Stromproduktion
    deutlich sinken und mit CO2-Begrenzung schon etwas niedriger sein als
    die erneuerbare Stromproduktion, und bis 2035 nur noch halb so hoch
    sein.

Zusammenfassung

(1) Stromerzeugung

  • Die CO2-Reduktionsziele der Bundesregierung werden ohne
    CO2-Begrenzung bei Weitem nicht eingehalten.
  • Bis 2035 wird die konventionelle Stromproduktion weiter
    sinken und mit CO2-Begrenzung nur noch halb so hoch sein wie die
    erneuerbare Stromproduktion.
  • Die erneuerbare Stromproduktion soll laut diesen amtlichen
    Planungen sowohl ohne als auch mit CO2-Begrenzung stark erhöht werden,
    und zwar um 49% bis 2025 und um weitere 34% bis 2035.

(2) Installierte Kraftwerksleistung

  • 2015 waren erneuerbare und konventionelle installierte
    Kraftwerksleistung etwa gleich groß. 2035 wird die erneuerbare
    installierte Kraftwerksleistung mehr als doppelt so groß sein.
  • Durch die für 2016 anstehende erneute EEG-Reform und das ab
    2017 auch für die Onshore-Windenergie verbindlich vorgeschriebene
    Ausschreibungsverfahren wird der Ausbau der erneuerbaren Energien
    verlangsamt werden.

(3) Netzausbau

  • Der überregionale Netzausbau ist wesentlich durch die
    Einspeisung von Kohlestrom zeitgleich zu hoher erneuerbarer
    Stromerzeugung verursacht. Durch den vorgeschlagenen weit überhöhten
    Netzausbau würden die Energiewende behindert sowie Umwelt und
    betroffene Anlieger unnötig belastet. Die deutschen Stromverbraucher
    müssten diesen überhöhten Netzausbau, der über 25  Mrd. €
    kosten würde, durch weitere Strompreiserhöhungen bezahlen.
  • Der regionale Netzausbau hingegen ist fast ausschließlich
    durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in einer Region
    verursacht. Wie viele neue Stromleitungen in einer Region zur
    Integration der erneuerbaren Energien benötigt werden, hängt wesentlich
    von den Möglichkeiten zur besseren Ausnutzung und Verstärkung
    bestehender Leitungen ab, was für jeden Einzelfall untersucht werden
    muss.