MDR, 14.02.2014

 

Geplanter Leitungsbau in Thüringen
Energieexperte erneuert Kritik an Stromtrassen

Der Wirtschaftswissenschaftler Lorenz Jarass hat seine Kritik am geplanten Neubau weiterer Starkstrom-Leitungen erneuert. Die Trassen dienten weniger dem Transport von Strom, der in Windparks auf dem Meer produziert wurde. Vielmehr sicherten sie den Weiterbetrieb alter Kohlekraftwerke, teilte Jarass am Donnerstag mit. Er bezieht sich dabei auf den aktuellen Netzentwicklungsplan. Hintergrund sind Pläne, eine Gleichstromtrasse entlang der Autobahn 9 durch Thüringen zu bauen.

 

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In Thüringen entsteht derzeit nahe der A 71 eine Hochspannungsleitung.

Die Leitungsplanung widerspricht laut Jarass dem Kerngedanken der Energiewende. Sinnvoller sei der Ausbau schnell regelbarer Gaskraftwerke in Bayern, um die Zeit zu überbrücken, bis der Energiebedarf fast vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Solche Investitionen würden sich wegen der geplanten Leitungen jedoch nicht lohnen. Der Wirtschaftswissenschaftler Jarass ist Professor an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden und hatte bereits ein Gutachten zum Nutzen geplanter Leitungen erstellt. Nach seiner Ansicht ist auch die im Bau befindliche „Strombrücke“, eine 380-kV-Leitung von Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt nach Altenfeld in Bayern unnötig. Der Ausbau bestehender Trassen würden laut Jarass genügen. Die Strombrücke soll in Thüringen unter anderem durch den Thüringer Wald führen.

 

Thüringer Landesregierung will keine weiteren Trassen

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MDR INFO

Gnauck: Alternativen außerhalb Thüringens prüfen

Bei einem Vermittlungstreffen von Bund und Ländern hatte es am Mittwochabend keine Einigung gegeben. Während Sachsen-Anhalt zum Beispiel den Bau neuer Starkstromleitungen befürwortet, ist Thüringen dagegen: Staatskanzleiminister Jürgen Gnauck sagte am Donnerstag bei MDR INFO, der Freistaat könne nicht alle Lasten tragen, nur weil Thüringen in der Mitte Deutschlands liege. Bei dem Treffen war immerhin vereinbart worden, dass die gegenwärtigen Netzausbaupläne bis zum Sommer überprüft werden sollen.

Neben der „Strombrücke“ gibt es derzeit konkrete Pläne der Netzbetreiber 50Hertz und Amprion für die sogenannte Gleichstrompassage Süd-Ost, die von Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt über Ostthüringen nach Meitingen in Bayern verlaufen soll. Dafür hatten die Netzbetreiber im Januar einen Vorzugstrassenkorridor vorgeschlagen, der in Thüringen entlang der Autobahn 9 verlaufen soll. Allerdings gibt es sowohl in Ostthüringen als auch in Bayern Widerstand gegen diesen Plan.
Eine weitere Starkstromtrasse plant der Netzbetreiber Tennet. Diese trägt den Namen „SUED.LINK“ und soll von Schleswig-Holstein nach Bayern führen. Bei den Planungen war auch ein Trassenverlauf durch Nord- und Westthüringen erwogen worden. Nach jüngeren Angaben von Tennet soll die Trasse aber nun nicht durch Thüringen führen.